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titleARCH+ 239, Europa - Infrastrukturen der Externalisierung
authorARCH+
pages240
size235 x 297 mm
languageGerman
price22,-

Europa
Eine infrastrukturelle Ideologiekritik
Anh-Linh Ngo

1504, über ein Jahrzehnt nach der Landung von Christoph Kolumbus in Amerika und wenige Jahre nach Vasco da Gamas Erschließung des südlichen Seeweges nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung, sahen sich die Venezianer*innen in ihrer Vorherrschaft im Seehandel bedroht. Also schmiedeten sie einen Plan. Der Sultan von Kairo sollte dazu bewegt werden, ein gigantisches Infrastrukturprojekt zu unterstützen, mit dem sie ihre Macht­stellung wahren wollten: einen Kanaldurchstich durch die Landenge von Suez. Das Briefing, das der Rat der Zehn, das mächtigste politische Gremium der Republik Venedig, dem Gesandten in Kairo als Argumentationshilfe mit auf dem Weg gab, nimmt das Prinzip der Exter­nalisierung vorweg, das seitdem das Verhältnis zwischen Europa und Afrika bestimmen sollte: „Eigentlich machen wir diesen Vorschlag zu unserem eigenen großen Nutzen und zum möglichen Schaden und zur Gefahr für den Sultan und seinen Staat, aber Ihr werdet Euch bemühen, ihn so zu unter­breiten, dass er angenommen wird, und Ihr werdet ins­besondere deutlich machen, wie viele Vorteile dieser Kanal bringen wird“ (S. 176).
Der Plan wurde jedoch fallen gelassen und der Suezkanal erst im ­19. Jahrhundert von den europäischen Kolonialmächten realisiert – ein Projekt, das über 100.000 Menschenleben kostete. Diese Geschichte, an die Ludovico Centis in dieser Ausgabe erinnert, verdeutlicht in nuce das, worum es in diesem Heft geht:…

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